Haben Sie auch so einen Großonkel, der den Klimawandel leugnet? Oder die Nachbarin, die moderne Schulmedizin ablehnt? Dem (Natur-)Wissenschaftler resp. Mediziner in uns fällt es schwer, einer solchen Ablehnung gegenüber dem wissenschaftlichen Konsens angemessen zu begegnen. Argumente, Fakten und statistische Werte verlieren in dem Moment an Bedeutung, in dem Einzelmeinungen und persönliches Wahrnehmen die Haltung prägen. Statt kritischem Hinterfragen herrscht in aufgeklärten Zeiten nicht selten eine relative Ignoranz gegenüber Logik und Empirie.
Vorweg: nichts gegen Skepsis, im Gegenteil. Gerade in der Wissenschaft sichert das kritische Hinterfragen den allgemeinen Fortschritt. So wissen wir heute, dass sich Raum und Zeit relativ zueinander verhalten und niemandem der Himmel auf den Kopf zu fallen droht. Aber in einer Zeit, in der die Wissenschaft bei Umweltthemen und im Kampf gegen eine globale Pandemie als Taktgeber im Krisenmanagement auftritt, scheint der Grat zwischen gesunder Skepsis und grundsätzlichem Argwohn schmaler zu werden.
Woher das blinde Misstrauen?
Zugegeben, Wissenschaft wirkt kompliziert und wird mit stetig wachsendem Wissen immer komplexer. Als Healthcare-Agentur ist es unser Job, wissenschaftliche Ergebnisse möglichst überzeugend zu vermitteln und die ableitbaren Chancen im Kampf gegen Erkrankungen zu kommunizieren. Das gelingt mal gut, mal ist es schwieriger denn je. Die klügsten Köpfe bewegen sich heutzutage meist in eng definierten Fachgebieten – die Zeiten der Galileis und da Vincis als disziplin-übergreifende Alleskönner sind längst passé. Dass komplexe Fragestellungen und Datensätze nicht jedermanns Sache sind, ist selbstverständlich, hinzu kommt schlicht fehlende Zeit, sich mit Details auseinanderzusetzen.
Tatsächlich reicht im täglichen Leben – im Gegensatz zur pharmakologischen oder fachmedizinischen Profession mit detailliertem Expertenwissen und doppelverblin-detem Studiendesign – meist der gesunde Menschenverstand aus, um sich eine fundierte, kritische Meinung zu bilden. Niemand sollte daher Aussagen blind folgen, die rational nur schwer nachvollziehbar sind. Ein prinzipielles Misstrauen oder gar die Leugnung von empirisch erhobenen Sachlagen ist erst recht keine Alternative!
Der Punkt ist: Wissenschaft ist keine Meinung. Sie basiert auf Forschungsergebnissen, die sie nach bestem Wissen und Gewissen interpretiert und die in einem positivistischen Diskurs stets neu überprüft werden. Wissenschaft ist dabei gezwungen, sich permanent selbst zu korrigieren, um sich nach und nach, quasi per Salamitaktik, der Wahrheit zu nähern. Der resultierende Eindruck, dass jede neue Erkenntnis bald wieder überholt wird, schafft nur leider kaum Vertrauen bei demjenigen, der die unumstößliche Wahrheit sucht. Die Fähigkeit, sich selbst zu hinterfragen und gegebenenfalls anzupassen, ist eben gerade kein Ausdruck von Schwäche, wie gerne behauptet wird, sondern der einzig seriöse Weg, Wissen zu schaffen.
Spielverderber Wissenschaft
Ob Klima oder COVID, in Verbindung mit globalen Krisen tritt die Wissenschaft aktuell meist in der Rolle des Spielverderbers auf. Sie ist Überbringer schlechter Nachrichten und hebt mahnend den Zeigefinger. Ja, das ist unangenehm und mag auf Dauer ermüdend sein, für manche gar zermürbend. Sie deshalb zu verabschieden – frei nach dem Motto „Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen“ – ist oft mehr ein Ausdruck der Angst vor den notwendigen Veränderungen, inklusive persönlicher Einschränkungen in der Wohlstandsgesellschaft. Dass genau dieser Wohlstand nicht zuletzt auf den Errungenschaften der Wissenschaft basiert, sei hier nur noch einmal kurz erwähnt.
Ein guter Start: konsequent gegen Desinformation
Verbunden damit sollte eine gewisse Transparenz innerhalb der Forschungsgemeinde und natürlich über deren Grenzen hinaus mithilfe des Wissenschaftsjournalismus herrschen. Vor allem aber sollten wir aufhören, die Menschen in Kategorien „Wissend“ und „Unwissend“ einzuteilen. Dies fördert Abgrenzung, Spaltung und das Ende des Dialogs, eine unserer Errungenschaften der modernen Zeit.
Denn: Wir lieben Wissenschaft und den medizinisch-wissenschaftlichen Diskurs. Und wir gehen mit allen inhaltlich mit, die Wissenschaft betreiben und verstehen wollen, die sie befürworten und ihre Erkenntnisse stets kritisch analysieren, sie außerdem als wertvolle Quelle für vielversprechende Strategien und Therapieoptionen zum Wohle von Patientinnen und Patienten einsetzen.
Und wer weiß? Mit etwas Glück überzeugen wir auch noch den Großonkel oder die Nachbarin: nicht von der absoluten Wahrheit, sondern von einem kleinen Stück der großen Empirie.
Bei Havas Life Bird & Schulte entstehen am Standort Freiburg multimediale Kommunikationsstrategien für nationale und internationale Healthcare Companies. Unsere Kunden setzen dabei in jedem Projekt auf kreative Impulse, hohe wissenschaftliche Kompetenz und richtungsweisende Beratung. Und schätzen die Dynamik des intensiven Teamworks aus Marketing, Medizin und Werbern.
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